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Über die abstrakte Kunst

Zur Abstraktion gelangst du nicht, weil du dort hingeführt wirst, sondern es handelt um einen im Inneren des Malers brodelnden Prozess, wenn die malerei nicht mehr länger Material ist, um zu etwas sehr Tiefem, sehr Geistigem zu werden; die Formen erheben sich und du hörst auf, deine Hand zu führen, um zu versuchen, das Unerreichbare zu erreichen. Dieses Werk ist kein Material mehr, obgleich der Maler auf die Anwendung der Materie zurückgreift; wenn in seinem Werk das Geistige nicht dominiert, bleibt die Materie weiterhin Materie und wandelt sich nicht um. Um Materie in ein Kunstwerk umzuwandeln, muss die Materie vorher in etwas Immaterielles umgewandelt werden … in etwas Geistiges und danach, wenn es möglich ist, muss der Versuch unternommen werden, alles, was uns umgibt, in etwas Geistiges umzuwandeln, das wir seinerseits versuchen können, zu interpretieren und auf der unbenutzten Leinwand zu gestalten, auf dieser Leinwand, die gleich der Mutter wartet, diese Pinselstriche an ihrer Brust aufzunehmen, wobei sie diese zu den ihren macht, sie mittels Farbe und Form zu etwas umwandelt, das durch den Geist geschaffen wurde, wenngleich es auch mit Materie produziert ist.

Die Materie in Leben umzuwandeln, Form und Farbe Leben zu geben: Das ist ein Wunsch, ein Traum, aus dem kein Maler erwachen möchte. Materie zu beleben, so dass die Blume duftet, die Welle des Meeres dich durchnässt und die Tragödie dich zum Weinen bringt.


Jorge Rando, Malaga, im August 2002