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Liebe und Schöpfung

In vielen meiner Schriften, in denen ich meine Überlegungen und Empfindungen über die Kunst zum Ausdruck bringe, spreche ich von der Liebe. Dieses wunderschöne Wort benutze ich im weitesten Sinne mit all seinen Bedeutungen, denn die Liebe ist auch Leiden, Leidenschaft, Arbeit und letztendlich das Leben selbst.  Alles wird von der Liebe angetrieben; daher ist die Schöpfung ohne Liebe nur Farbe ohne Seele.

Wenn man den Blick über die Landkarte Afrikas streifen lässt und ein Fenster öffnet, um zu sehen, was in diesem wundervollen Kontinent geschieht, gefriert einem die Seele angesichts des großen Leidens, aber die Seele gefriert einem aus Liebe und aus Liebe leidet man mit ihnen, und aus Liebe malt man diese Tragödien und aus Liebe erleidet man diese schrecklichen Kopfschmerzen, während man diese lebenden Skelette malt, die von ihren Müttern nirgendwohin getragen werden, aus Liebe malt man frenetisch all diesen Schrecken, der nur Menschen, in denen das Empfinden der Liebe nicht existiert, unberührt läßt. Angesichts einer grausamen Schandtat sagt man manchmal... er hat keine Gefühle. Falsch! Er hat schon Gefühle, aber er besitzt keine Liebe.

Ich möchte das Wort Liebe von den kitschigen Werbeslogans und der Propaganda des Valentins-Tages befreien. Die Liebe ist wesentlich mehr als all dies und vor allem ist sie etwas Ernsthafteres als eine Praline in einer roten Schachtel. 

Wenn der Künstler aus seinem Inneren heraus schafft, schafft er aus Liebe; Das Innere des Künstlers ist Liebe. 

Es gibt einen Ausdruck im Volksmund, den man benutzt, um auszudrücken, dass man etwa tut, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Dieser Ausdruck ist “aus Liebe zur Kunst“, denn die Kunst muss rein sein und wir Künstler müssen unser Mögliches tun, um diese Reinheit in der Kunst zu bewahren, diese Reinheit, die aus der Liebe hervorgeht und aus dieser Liebe heraus unermesslich wird. Damit alle, die mit der Kunst zu tun haben – und nicht nur die Künstler – weiterhin diese Liebe für die Kunst pflegen und damit dieses Gefühl stärker ist als die kommerziellen Kriterien, die heute alles verseuchen, muss der Künstler “aus Liebe zur Kunst“ beginnen, gegen all dies anzukämpfen, das die sogenannte Welt der Kunst verdirbt. Denn diese Welt der Kunst ist größtenteils in Händen von guten Händlern, die sich der Kunst bedienen, ohne sie zu lieben und sie mit der Macht des Geldes verdorben haben. Selbst gute Künstler lassen sich von den vorgezeichneten Wegen dieser Marktschreier, die nur auf Kosten der Kunst Geld verdienen wollen, leiten. Glücklicherweise gibt es noch Personen, die aus “Liebe zur Kunst“ malen, und Kunsthändler, die dies aus “Liebe zur Kunst“ sind. 


Jorge Rando, Málaga, Januar 2003